Nachgefragt: Dritte Liga und Geisterspiele? – Das sagt der TSV 1860 München dazu

Für die erste und zweite Bundesliga gibt es jetzt zumindest einen Plan, wie es ab mitte Mai wieder weitergehen soll. Für die Ligen darunter leider noch nicht. Geisterspiele oder Saisonabbruch ist hier die Frage.

Der Traditionsverein TSV 1860 München spielt in der 3.Fußball-Bundesliga im Grünwalder Stadion. Auch hier stellt die Corona-Pandemie den Verein vor große Aufgaben. Aber wie geht der Verein mit der Unterbrechung der Saison um und wie sehen es die Spieler?

Diese Frage habe ich mit Verwaltungsratsmitglied Dr. Markus Drees erörtert. Von 2016-2018 war Dr. Drees auch schon der Chef des Verwaltungsrats des TSV 1860. Die Aufgabe eines Verwaltungsrates ist es den Präsidenten des Vereins zu kontrollieren.

Den aktuellen Präsidenten des TSV 1860 Herrn Robert Reisinger habe übrigens im letzten Sommer mal für ein Statement zum Thema „Pro Grünwalder Stadion“ getroffen. Robert Reisinger dazu: „Das Stadion ist Heimat und Basis unseres Vereins. Hier haben wir unsere großen Erfolge gefeiert und hier fühlen sich die Fans zu Hause und deshalb müssen wir zusehen, dass wir hier auch zukünftig eine Basis für bessere Zeiten finden.“

Aber aktuell bewegt viele Fans natürlich ein anderes Thema, nämlich ob die aktuelle Saison in der 3.Liga überhaupt fertig gespielt werden kann. Wie sieht der Verein die Diskussion über Fußballspiele ohne Zuschauer in der Zeit von Corona? Verwaltungsratsmitglied Dr. Markus Drees: Bei 1860 ist der sportliche Geschäftsführer Günther Gorenzel besonders im Kontakt mit dem DFB und den anderen Vereinen. Die vorherrschende Meinung in der Führungsebene 1860 ist, dass man alles mögliche versucht, um die Saison mit einer sportlichen Entscheidung zu Ende zu führen. Ein Saisonabbruch würde in vielerlei Hinsichten möglicherweise juristische Auseinandersetzungen mit sich bringen: Aufstiegs- und Abstiegsregelungen, Teilnahme am DFB-Pokal, Werbezahlungen durch Sponsoren bis hin zu Prämien, die Spieler erhalten würden. Allerdings ist auch eine Fortsetzung der Saison nicht ohne Probleme: Was passiert bei Infektionen der Spieler? Wie sieht es mit Spielern aus, deren Verträge am 30.06. enden und die Liga möglicherweise länger spielen muss?  

Während in der DFL (1. und 2. Liga) eher wegen der TV-Gelder Konsens herrscht, so bald wie möglich mit Geisterspielen das ganze fortzusetzen, ist in der 3. Liga kein einheitliches Bild zu sehen. In einer Abstimmung unter den Vereinen haben sich 10 für eine Forstsetzung ohne Zuschauer ausgesprochen, während die anderen für einen Abbruch waren. Günther Gorenzel ist dabei einer der vehementen Verfechter für Geisterspiele, während Vereine wie Waldhof Mannheim, Magdeburg, Halle und Jena für einen Abbruch plädieren. Einige werfen diesen Vereinen vor, dass Sie so den Aufstieg durchsetzen wollen (Mannheim, 2. Platz) oder den Abstieg verhindern wollen (Jena 20. Platz, Halle 16. Platz, Magdeburg 15. Platz). Doch in meinen Augen sind solche Vorwürfe zu kurz gedacht, in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt darf noch kein Training durchgeführt werden, während in Bayern schon Kleingruppentraining von Profimannschaften möglich ist. Die Vereine beklagen somit eine Ungleichbehandlung, die nicht von der Hand zu weisen ist.  

Die Ultras aller Vereine, auch die Münchner Löwen, haben dagegen Stellungnahmen veröffentlicht, die Geisterspiele ablehnen und vor allem auch keine Bevorzugung des Fußballs z.B. bei dem Gebrauch von Virentests oder gegenüber den weiter anhaltenden Problemen der Gastronomie und Kultur, die nicht vorzeitig öffnen können.

Man kann beide Seiten verstehen. Die Wahrheit liegt am Ende dazwischen. Die Politik wird sicher das letzte Wort haben, wie es weitergeht mit Profisport mit und ohne Zuschauer.

Zumindest kann man sich bei 1860 auf die zahlreichen Fans verlassen, die mit Geistertickets und Verzicht auf Rückforderung von Kosten von schon verkauften Tickets von nicht mehr stattfindenden Spielen bzw. vom Restwert der Dauerkarte in der Situation die Finanzen planbar zu halten.

 
Werden die Spieler auch in der internen Diskussion mit eingebunden und gab es dazu Rückmeldungen aus der Mannschaft? Verwaltungsratsmitglied Dr. Markus Drees: Unser Trainer Michael Köllner hat in der Corona-Zeit schon oft betont, dass er im täglichen Kontakt mit den Spielern steht. Neben der Zuteilung und Überwachung von Trainingsplänen muss er dabei auch als Seelsorger herhalten, denn auch für die Spieler ist das eine ungewohnte Situation. Genauso wie bei den Erwerbstätigen außerhalb des Fußballs, sind Zukunftsängste sicher nicht selten. Da haben wir sicher einen sehr einfühlsamen Trainer, der die Mannschaft soweit bei Laune hält.  

Was man durch die Corona-Challenge und die O-Töne der Spieler bei den nahezu täglichen Videoclips von Löwen-TV so sieht, nehmen die Spieler die Situation an. Sie würden natürlich am liebsten sofort auf den Platz zurück und die Serie der ungeschlagenen Spiele fortsetzen, die seit November 2019 anhält und den überraschenden Aufstieg sportlich zu erringen. Am liebsten würden sie auch nur spielen, wenn die Fans dabei sind, aber wenn es Geisterspiele gibt, würden sie sich dem nicht verschließen und Kröte schlucken, in einer unnatürlichen Umgebung für Fußballspiele ihrem Beruf nachzugehen. Es ist Ihnen aber auch klar, dass es in der Gesellschaft im Moment Wichtigeres als Profifußball gibt.

Livia Josephine

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