Wir alle kennen Richter Alexander Hold aus dem Fernsehen. Aber seit den letzten Landtagswahlen in Bayern sitzt Herr Hold nicht nur für die Partei „Freie Wähler“ im Landtag, sondern wurde auch zum stellvertretenden Landtagspräsidenten gewählt. Somit ist Herr Hold der bekannteste Politiker der „Freien Wähler“ und hat durch seine Position auch einen sehr großen Einblick und Einfluss in die aktuelle Politik. Und genau in dieser Funktion habe ich mit Alexander Hold telefoniert, da mir die neusten Entwicklungen im Bezug auf Verschwörungstheorien bis hin zu gewaltbereiten Demonstranten nicht gefallen und ich dazu einfach Klärungsbedarf aus der Politik brauchte:
Die gesellschaftlichen Einschränkungen aufgrund der Pandemie lösen immer öfter Verschwörungstheorien aus und gipfeln jetzt sogar mit Übergriffen auf Polizisten (HIER mein Kommentar dazu). Das finde ich erschreckend und bedrohlich, denn wie soll das weitergehen? Deshalb meine Frage, braucht die Polizei mehr Rückendeckung und wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein? Alexander Hold: In dem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Politik das Verständnis für die Maßnahmen schärft und gut erklärt. Die Politik muss die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen so gut erklären, dass es die Polizisten vor Ort nicht mehr machen müssen. Ich glaube das würde der Polizei am meisten helfen.
Gerade ist das gar nicht so einfach, weil es leider Menschen gibt, die sich unter dem Deckmantel „Kampf für die Grundrechte“ in Verschwörungstheorien verstricken und damit auch viele andere Menschen erreichen. Und genau das muss die Politik viel deutlicher machen: Dass wir auch nichts anderes wollen als die Grundrechte hochzuhalten. Dazu gehört aber auch, dass man das Grundrecht auf Leben und Gesundheit mit den Freiheitsrechten abwägt. Ein wichtiges Grundrecht ist natürlich auch die freie Meinungsäußerung.
Oftmals ist es aber demaskierend ist, wofür vordergründig gekämpft wird, während diese Menschen eigentlich andere Ziele verfolgen, denn sonst könnte man auch gegen Ampeln, Sicherheitsgurte oder Motorradhelme demonstrieren. Denn eine Fußgängerampel schneidet meine Freiheit auch stark ein. Darüber diskutiert aber keiner, weil es klar ist, dass eine Ampel notwendig ist, um die Ordnung aufrecht zu halten und mein Leben als Fußgänger im Straßenverkehr zu schützen, Punkt. Und deshalb ist diese Einschränkung für uns alle in Ordnung, während manche durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes die freiheitlich demokratische Grundordnung in Gefahr sehen. Eine OP-Schwester trägt sowas übrigens acht Stunden am Tag….
Das ist ein interessanter Vergleich. Wie Sie schon gesagt haben ist die Meinungsfreiheit auch ein Grundrecht. Und das ist natürlich in einer Demokratie auch sehr wichtig aber gehört Populismus wie diese teilweise wirren Verschwörungstheorien, die nur ein Ziel haben die Demokratie zu schädigen auch zur Meinungsfreiheit? Alexander Hold: Das ist ja gerade der Beleg dafür wie gut bei uns Rechtsstaat, Demokratie und unser ganzes freiheitliches Gemeinwesen funktionieren. Dass hier eben niemand solche Meinungen verbietet, sondern dass wir jedem Menschen in unserem Land jede Meinungsäußerung – und wenn es noch so krude Aussagen sind – auch zubilligen. Und wenn jemand der Meinung ist, dass die Erde eine Scheibe ist, dann darf er sich gerne auf dem Marienplatz stellen und versuchen alle anderen davon zu überzeugen. Denn unsere Freiheitsrechte sind das Fundament unserer Demokratie. Aber genau diejenigen, die behaupten, dass die Freiheitsrechte momentan ausgehebelt würden, nutzen diese für ihre Ziele. Und da sind durchaus manche dabei, die unsere freiheitlich demokratische Grundordnung mit ihren Aktionen zu Fall bringen möchten. Bitte nicht falsch verstehen: Auch wer an die große Weltverschwörung glaubt, soll frei seine Meinung sagen dürfen. Aber ich würde mir wünschen, dass die Menschen nicht solchen Rattenfängern auf den Leim gehen. Und zwar, weil sie erkennen, auf welch hohem Niveau wir unsere Grundrechte hochhalten und verteidigen. Darum beneidet uns ja ein Großteil der Welt. Und während anderswo, selbst mitten in Europa, z.B. in Polen und Ungarn, Grundrechte, die Vertrauenswürdigkeit von Behörden, die Unabhängigkeit der Gerichte und damit die Demokratie immer mehr ausgehöhlt werden, machen bei uns die Ordnungsbehörden, was z.B. Genehmigungen von Versammlungen betrifft, aber vor allem auch die Polizei bei Demos einen richtig guten Job. Wo früher Wasserwerfer und Schlagstöcke zum Einsatz kamen, wirken heute bestens ausgebildete Polizeibeamte auf hervorragende Weise deeskalierend und ermöglichen so erst jedem, sein Demonstrationsrecht und damit seine Freiheit im höchsten Maße auszuleben.
Ein Interview von Livia Kerp
Ein Kommentar