Was ich jetzt andauernd höre: Meine Generation erlebt einen Rechtsruck. So werden die Erstwähler nach dieser Europawahl zumindest dargestellt. Die GenZ wird als Sündenbock für den AfD-Erfolg benutzt. Wie etwa in der Nachrichten Plattform „Der Westen“, hier werden die jungen Wähler als die „Verkorkste Generation“ betitelt. Laut der Tageszeitung OVB gibt es bei den Erstwählern einen AfD-Boom und für die Rheinische Post ist es einfach nur ein Hilferuf der jungen Generation.
Wenn man die Statistiken auswertet, dann stellt sich nicht die Frage, wer hat die AfD gewählt, sondern wo wurde die AfD gewählt.
Als junger Wähler gilt man vom 16. – bis zum 25. Lebensjahr. In dieser Altersgruppe erhielt die AfD insgesamt 17 Prozent. Hört sich jetzt als alleinige Info viel an. Aber die Statistik hört jetzt nicht auf. Deutschlandweit und von allen Altersgruppen bekam die AfD 15,9 Prozent der Stimmen. Und der größte AfD-Wähler-Boom ist übrigens bei den 35 – 44-Jährigen, mit einem 20-prozentigen Anteil der Stimmen zu sehen. Haben wir jetzt einen Rechtsruck der GenY? MHHH??
Das Problem liegt leider im Osten Deutschlands. Hier gewann die AfD mit 29,2 Prozent (im Westen sind es dagegen nur 13 Prozent). In der Gemeinde Hirschfeld in Brandenburg erreichte die AfD 62,3 Prozent. In meiner Heimatstadt, der bayerischen Landeshauptstadt München fielen für die AfD dagegen nur 6,7 Prozent ab. Auch in Stuttgart oder Düsseldorf spielt die AfD keine besondere Rolle. Und diese großen regionalen Unterschiede sind für mich kein Trend. Deshalb sehe ich es nicht als Generationsproblem, sondern als regionales Problem.
Die Frage stellt sich daher, warum im Osten Deutschlands der AfD Erfolg so hoch ausgefallen ist? Das hat viele Gründe und ist auch nicht überraschend. Daher ist es auch kein Hilferuf der jungen Generation, sondern höchstens ein Hilferuf oder auch ein Protestschrei der Bürger im Osten Deutschlands. Hier wurden die Ampel-Parteien auch so richtig abgegrätscht. Die drei Parteien bekamen insgesamt nur 18 Prozent.
Wie ich für den Stern vor der Europawahl schon geschrieben habe, sind kleinen Parteien, besonders wie die Tierschutzpartei und Volt besonders beliebt bei den jungen Wählern. Beide Parteien zusammen sind bei den Erstwählern auf 12 Prozent gekommen. Unter allen Generationen haben sie dagegen nur 4 Prozent erreicht. Eine Generation daher als verkorkst zu bezeichnen, die überproportional eine Europäische Partei wie Volt, mit 9 Prozent wählt, fühlt sich für mich schon fast kränkend an.
Was wir erleben, ist ein Rechtsruck in den östlichen Bundesländern und das zeigt nicht nur die Europawahl. Da muss die Politik endlich an den Ursachen arbeiten und diese Ursachen betreffen alle Generationen, nicht nur die GenZ! Dennoch darf die Jugendpolitik nicht abnehmen. Im Gegenteil. Bildung, Klimaschutz und Frieden sind wichtige Themen meiner Generation.
Dass gerade die AfD bei der jungen Generation einen hohen Bekanntheitsgrad hat, habe ich auch schon für den Stern beschrieben. Auch diese Gründe sind schon länger bekannt. Die mediale Fokussierung auf diese Partei ist nicht unbedingt förderlich. Wenn man in der Politik junge Menschen erreichen will, braucht man junge Menschen in der Politik. Es braucht Vorbilder.
Für mich haben die Erstwähler insgesamt aber gezeigt, dass sie „Wählen“ können. Aber es hat auch gezeigt, dass an den Schulen ein zuverlässiger politischer Bildungsauftrag ganz wichtig für die Zukunft ist. Die GenZ ist nun mal nicht perfekt! Sondern nur bunt, wie jede andere Generation auch!
Livia Kerp