Ein neues Wehrdienstmodell soll eingeführt werden, um die Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr zu verbessern. Zu diesem Thema ist nicht nur meine Generation gespaltener Meinung, sondern auch in den Parteien sind sich längst nicht alle einig.
Ich bin 2002 geboren, das heißt ich habe damals die Wehrpflicht nicht mitbekommen. Mein Motto zu dem Thema „Neuer Wehrdienst“: macht doch einfach und dann schau ma mal.
Das Wehrdienstmodell von Verteidigungsminister Pistorius basiert grundsätzlich auf den Faktor der “Freiwilligkeit”. Ich finde das gut so, denn pro Jahr gehen sowieso rund 10.000 Freiwillige zur Bundeswehr und somit dürften 5.000 weitere “Freiwillige” das kleinste Problem sein. Im Gegenteil, ich bin sogar der festen Überzeugung, dass viel mehr junge Menschen unter diesen Voraussetzungen zur Bundeswehr gehen würden.
Daher wird meine Generation die neue Wehrpflicht nicht behindern, falls diese überhaupt jemals eingeführt wird.
Was ich nur in Frage stelle, ist die politische Motivation der Diskussion, zur Begründung der Wiedereinführung der “Wehrpflicht”. Ich frage mich, ist es tatsächlich und faktisch richtig, dass diese neue Wehrpflicht mit 5.000 zusätzlich Einberufenen unsere Kriegstüchtigkeit verbessert? – Und ist es jährlich 1,4 Milliarden Euro überhaupt Wert (wie der Stern am 12.06.24 berichtete)? Sorry, aber da bin ich mir einfach etwas unsicher!
Es ist unbestritten, dass wir in Europa eine fähige Verteidigung brauchen. Einen Wehrdienst auf freiwilliger Basis halte ich dafür für absolut nachvollziehbar.
Trotzdem halte ich Aufstockung von professionellen Berufssoldaten für eine wesentlich bessere Variante unsere “Kriegstüchtigkeit” zu stärken. Wenn man schon 1,4 Milliarden Euro jährlich ausgeben will, dann würde ich es lieber dafür verwenden.
Aber der Vorschlag von Verteidigungsminister Pistorius hat noch weitere Lücken die geklärt werden müssen, bevor man wirklich darüber entscheiden kann.
Alle jungen Männer (ab 18 Jahre) sollen verpflichtet werden, einen Fragebogen über ihre Gesundheit und Fähigkeiten auszufüllen. Die Frage ist, wer sind „alle jungen Männer „und was passiert, wenn das Ausfüllen des Fragebogens verweigert wird? Wenn es eine Verpflichtung gibt, braucht es auch eine Konsequenz bei einer Verweigerung. Ansonsten wäre es keine Verpflichtung. Und wie diese Konsequenz aussehen soll, bin ich auch schon neugierig.
Und wer soll verpflichtet werden. Alle jungen Männer mit Wohnsitz in Deutschland, egal welcher Nation? Oder doch nur die mit deutscher Staatsbürgerschaft?
Oder auch die Frage, wie hoch der ökonomische Schaden für unsere Wirtschaft sein wird? Nur als Beispiel blieben 2023 mehr als 73.000 Lehrstellen unbesetzt.
Ich denke daher den größten Widerstand zur neuen Wehrpflicht wird es nicht von der jungen Generation, sondern von der Wirtschaft geben, alleine schon wenn man den Fachkräftemangel bedenkt.
Letztendlich liegt die Entscheidungsgrundlage bei der Bundesregierung mit der Fragestellung: Wie fördere ich eine stärkere Verteidigung und wie löse ich das Problem mit dem Fachkräftemangel, für eine starke Wirtschaft? Und allen voran, wie verantwortungsvoll geht die Bundesregierung mit dem Geld der Steuerzahler um?
Mich persönlich erinnert es stark an die Diskussion zur Einführung eines sozialen Pflichtjahres. Also will man junge Menschen für eine soziale Einrichtung verpflichten oder erhöht man lieber die Förderung einer sozialen Ausbildung für junge Menschen?
Im Prinzip kommt es auf das Gleiche heraus. Fachkräfte wie im Handwerk, Pflege oder Soldaten bekommt man eben nur durch eine Ausbildung.
Meine Forderung als junger Mensch an die Politik ist vor allem, endlich diese Diskussion weg von der Gefühlsebene und hin zur sachlichen Ebene zu bringen! Damit eine Entscheidung getroffen werden kann, die für unsere gesamte Gesellschaft für heute und für die Zukunft das Beste darstellt.